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Es handelt sich um eine riskante Entwicklung, wenn der Druck auf das Bargeld erhöht wird


Regierungen schreckten nicht davor zurück, die Leute um ihr Geld zu bringen, sagt der Ökonom Beat Kappeler. Ein Gespräch über Tausendernoten, Digitalgeld und wie man sein Vermögen schützen kann – oder auch nicht.

«Aus meiner libertären Sicht sind viele schwarze Transaktionen keine kruden Verbrechen»: der Ökonom Beat Kappeler.

«Aus meiner libertären Sicht sind viele schwarze Transaktionen keine kruden Verbrechen»: der Ökonom Beat Kappeler.

«Keine Bank übersteht einen Bank-Run», war rund um den Untergang der CS zu hören. Das heisst: Jede Bank wird innert Kürze illiquid, wenn viele Kunden gleichzeitig ihr Geld haben möchten. Ist das Bankensystem letztlich ein grosser Bluff?

Genau das ist es. Die Banken geben ihren Kunden Kredite, obwohl das Geld nicht vorhanden ist, sie machen ihre Geschäfte mit Buchgeld, das sie selbst schaffen. Damit ist jede Bank bei einem Bank-Run nicht liquid. Und das hat zur Folge, dass das System an sich instabil ist, weil eine Bank in einer solchen Ausnahmesituation Buchgeld von allen anderen Banken abziehen wird. Wenn die Behörden in den USA, in Deutschland oder in der Schweiz nun versichern, dass das Bankensystem in sich gesund sei, ist das eine Aussage wider besseres Wissen.

Das Bankensystem fusst also auf Geld, das die Banken selber schaffen und das durch Notenbankgeld nicht garantiert ist?

Es ist nur teilweise garantiert. Der Wert des Buchgelds entsteht einzig durch Vertrauen, dass das System fortbestehen wird. Solange das gilt, gibt es keine Probleme. Doch wenn eine Fallmasche auftritt und die Leute plötzlich für ihr Buchgeld echtes Notenbankgeld haben wollen, kommt der Zusammenbruch. Eine Bank kann bei der Notenbank zwar in beschränktem Umfang Geld abziehen, oder sie kann eine Liquiditätsgarantie bekommen, wie der Bundesrat das jetzt bei der CS und der UBS getan hat, aber wenn der Kunde der Sache nicht traut, funktioniert es nicht.

Wenn jemand sein Vermögen nicht mehr den Banken anvertrauen will, welche «Fluchtmöglichkeiten» gibt es?

Kryptowährungen sind eine Alternative zur klassischen Bankeinlage, ebenso Wertpapiere. Diese gelten als Eigentum des Kunden und werden bei einem Konkurs der Bank nicht erfasst. Bei grossen Finanzkrisen tauchen aber natürlich auch die Wertpapiere. Oder man geht zu Privatbanken, welche die Einlagen direkt anlegen und keine Kredite geben, also kaum im Buchgeld-System stecken. Dann bleibt Gold. Seit Hammurabis Zeiten, 1800 vor Christus, entspricht eine Unze Gold dem Wert von 300 Kilogramm Weissbrot. Das ist bis heute so.

Seit 3800 Jahren entwickeln sich der Goldpreis und der Preis für Weissbrot parallel?

Ja, das sieht man in der Schweiz ebenso wie in der EU und den USA. Natürlich gibt es temporäre Schwankungen, doch übers Ganze gesehen ist der Wert derselbe geblieben. Gold und Weissbrot, das ist die letzte Wahrheit!

Wie sieht es aus mit der Flucht in Immobilien?

Das ist keine wirkliche Alternative. Erstens sind Immobilien kein liquides Vermögen. Und zweitens ist man als Hauseigentümer eine «sitting duck», eine sitzende Ente, die vom Staat bequem ins Visier genommen und mit immer mehr Abgaben und Steuern beschwert werden kann.

Was halten Sie davon, Tausendernoten unter der Matratze oder im Tresor zu horten?

Banknoten sind zwar auch nichts anderes als eine Abstraktion des Metallgeldes und letztlich bloss ein Fetzen Papier, aber sie sind ein gesetzliches Zahlungsmittel und geben Sicherheit. Und sie sind beliebt: Ein stattlicher Teil der Tausendernoten, welche die Nationalbank vor ein paar Jahren neu ausgegeben hat, wurde behändigt und nicht in den Umlauf gebracht, das heisst, diese Noten werden irgendwo gelagert. Doch nun kommt ein grosses Aber: Seit der Finanzkrise 2008 überlegen sich die Regierungen und Notenbanken weltweit, wie man das Bargeld für das Publikum unattraktiv machen kann. Und dabei gehen sie unzimperlich ans Werk.

Sie meinen die Obergrenzen für Barzahlungen, die in den EU-Ländern gelten?

In der EU kann man maximal Beträge bis 10 000 Euro bar bezahlen, zudem darf man nicht mehr als 10 000 Euro in ein anderes Land ausführen. Auch die Schweiz macht bei der Grenzkontrolle des Bargelds zu meinem grossen Bedauern mit. Doch es geht noch weiter: Der Weltwährungsfonds propagiert öffentlich, dass jede Notenbank eine Digitalwährung herausgeben soll, mit der die Leute ihre Zahlungen erledigen sollen. Gleichzeitig würde das Notenbankgeld gegenüber dem digitalen Geld schrittweise abgewertet. Das Bargeld würde damit zu einem zweitklassigen Zahlungsmittel, das mit der Zeit niemand mehr haben möchte. Das zeigt, in welche Richtung es nach dem Willen der obersten Geldbehörden gehen soll.

Der Druck aufs Bargeld wird im Wesentlichen damit begründet, dass man auf diese Weise die Schattenwirtschaft und die Kriminalität bekämpfen könne. Auch seien elektronische Zahlungsmittel kostengünstiger. Wie überzeugend ist das?

Man kann aus rationalen Gründen durchaus dafür sein, elektronisch zu zahlen. Das ist nicht nur günstiger, sondern auch hygienischer als Noten und Münzen. Und ein Taxifahrer, der nur Karten nimmt, kann nicht mehr ausgeraubt werden. Das Argument, die Schattenwirtschaft und die Kriminalität zu bekämpfen, halte ich dagegen für vorgeschoben. Der Staat macht es sich hier sehr einfach: Er stellt alle Bürger unter Generalverdacht, und sie müssen sich dann rechtfertigen. Aus meiner libertären Sicht sind viele schwarze Transaktionen zudem keine kruden Verbrechen, sondern sind die Folge von zunehmenden behördlichen Kontrollen und Schikanen.

Eine Art Selbstschutz vor dem übergriffigen Staat?

Genau. Die Leute weichen aus.

Bargeld ist in der Schweiz zwar ein Zahlungsmittel, wird von privaten Dienstleistern aber schon heute vielerorts nicht mehr angenommen. Selbst die Branche des öffentlichen Verkehrs will bargeldfrei werden.

Jede Person ist vom Gesetz her gehalten, 100 Münzen und Banknoten in unbeschränkter Höhe an Zahlung anzunehmen. Das gilt aus Opportunitätsgründen aber nicht absolut: Wenn ein Take-away oder sonst ein Betrieb kein Bargeld annehmen will, muss er dies den potenziellen Kunden klar zu erkennen geben – mit einem Plakat am Ladeneingang oder wie auch immer. Dann kann es sich der Kunde rechtzeitig überlegen und sein Mittagessen woanders kaufen. Eine völlig andere Situation liegt aus meiner Sicht vor, wenn der öffentliche Verkehr die Annahme von Bargeld verweigert. Der öffentliche Verkehr hat ein faktisches Monopol – natürlich kann sich jeder Mensch im Taxi herumfahren lassen, doch für die meisten dürfte das keine Alternative sein. Deshalb geht es nicht an, dass der öffentliche Verkehr aus dem Bargeld aussteigt und die Kunden zwingt, das auch zu tun.

In der Schweiz ist jüngst die Volksinitiative «Bargeld ist Freiheit» zustande gekommen, die in der Verfassung festschreiben will, dass der Bund immer genug Noten und Münzen bereitstellen muss. Eine zweite Initiative wurde eben lanciert, die eine Annahmepflicht für Bargeld statuieren will. Was halten Sie davon?

Was die Volksinitiativen taugen, muss man zuerst prüfen. Doch die Diskussion über die Bedeutung des Bargelds ist höchst erwünscht. Die Bürger müssen sich bewusst werden, wie gefährlich es für sie wird, wenn es kein Bargeld mehr gibt oder wenn sein Gebrauch immer mehr eingeschränkt wird. Man legt sein Vermögen in die Hände von einigen wenigen Notenbankern und Bundesräten. Man begibt sich in eine Situation, die dem Ideal des freien Bürgers gegenüber dem Staat widerspricht. Ein Blick in die Geschichte, auch die jüngere, zeigt, wie wenig sich Regierungen zurückhalten, die Bürger um ihr Geld zu bringen. Das gilt auch für demokratische Länder.

Können Sie Beispiele nennen?

Vor der Einführung des Euro hat Italien kurzerhand einige Promille von sämtlichen Bankguthaben abgeklemmt und der Staatskasse zugeführt, mit einem Knopfdruck – zack! Der Staat konnte damit auf Milliardenbeträge zugreifen, und die Bürger haben das bei der Währungsumstellung gar nicht gemerkt. Diese generelle Amputation aller Bankguthaben war für mich ein Fanal. Bei der Bankenkrise in Zypern 2013 wollten die Götter der westlichen Finanzwelt – Weltwährungsfonds, EZB, EU-Kommission –, dass alle Kundenguthaben auf zypriotischen Banken in Aktien dieser Banken umgewandelt werden. Man wollte also sämtliche Einleger und Sparer enteignen. Der Aufschrei gegen diesen rechtsstaatlich ungeheuerlichen Akt war dann zu gross, das Vorhaben wurde nicht umgesetzt. Doch der Fall zeigt, dass die obersten Geldinstanzen nicht davor zurückschrecken, zu drastischen Mitteln zu greifen. Die Kontrollmöglichkeiten über Bankguthaben sind vorhanden, die Regierungen können wegnehmen, konfiszieren, besteuern.

Fliehen die Menschen dann am Ende nicht einfach in reale Werte, in die Untergrundwirtschaft, in den Tausch?

Wenn sich die letzten Ritzen schliessen und das System wasserdicht wird, ist es schwierig, sich als Bürger finanziell noch frei zu bewegen. Was bleibt noch, wenn wir kein Bargeld mehr haben? Wenn Kryptos einmal besser bekannt sind und handelbar für den Einzelnen, damit er damit auch kleinere bis kleinste Beträge bezahlen kann, kann dies die Leute wieder freier machen. Allerdings versuchen die Behörden, namentlich in den USA, die Schrauben auch bei den Kryptos anzuziehen und die Kontrolle auszubauen. Zudem werden nicht Kryptos, aber allfällige Handelsplattformen ein systemisches Risiko, wenn auch sie nur Teilreserven halten und Kryptos weiter verleihen.

Dann spricht also doch einiges dafür, vorsorglich ein paar Goldbarren in den Tresor zu legen.

Auch hier kommt man am Staat nicht vorbei. Wenn Sie bei der Kantonalbank am Schalter Gold kaufen wollen, dann können Sie das nicht mit Bargeld tun. Sie müssen zuerst Geld – Noten oder Buchgeld – auf Ihr Konto überweisen, und von dem wird es dann abgebucht. Damit weiss die Bank, wer der Goldkäufer ist. Das mag heute harmlos wirken, ist es aber nicht. Man stelle sich vor, das westliche Währungs- und Geldsystem würde abstürzen, dann würden die Staaten wohl einen neuen Goldstandard einführen, um die Glaubwürdigkeit im Geldverkehr wieder herzustellen. In diesem Fall müsste das Gold massiv aufgewertet und von den Notenbanken gekauft werden, wie sie das vor hundert Jahren getan haben. Ich bin überzeugt, dass der Staat in dieser Situation von den Goldbesitzern, deren Identität er dank den Banken kennt, eine Abgabe für den Mehrwert fordern würde.

Es gibt allerdings auch ausserhalb der Banken Anbieter, bei denen man Gold kaufen und in bar bezahlen kann, ohne seine Identität offenzulegen.

Das stimmt, bis zu einem gewissen Betrag kann man das machen. Aber schauen Sie sich den Kurs an: Dort langen dann die Goldhändler zu. Immer, wenn es Regeln gibt, muss man für deren Umgehung eine Prämie zahlen.

Dass der Staat die Goldbesitzer dereinst schröpfen wird, könnte man für eine sinistre Verschwörungstheorie halten, Herr Kappeler.

Das ist keine Verschwörungstheorie, sondern rationale Ökonomie, verbunden mit einem nüchternen Blick auf den Staat und die Geschichte.

Die Schweiz hat den Goldstandard 1914 aufgehoben. Jede Banknote konnte vorher am Schalter in Gold eingetauscht werden. Was halten Sie von der Idee, zu diesem System zurückzukehren und die ganze Geldmenge mit Gold zu decken?

Das wäre das Beste, was uns passieren könnte. Der Goldstandard diszipliniert alle, die Regierungen, die Wirtschaft, die Schuldner. Das bedenkenlose Schuldenmachen wird gebremst, die Sparer, die Kapital bilden, werden belohnt. Das Land als Handelsnation müsste sich anstrengen, um genug zu exportieren, denn sonst würde das Geld knapp. Und man sollte nicht vergessen: Der Aufschwung der westlichen Welt in der Industrialisierung bis 1914 kam mit dem Goldstandard zustande – und nicht mit dem keynesianischem Papiergeld!

Beat Kappeler – Ökonom und Publizist

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Hessischer Rundfunk

Beat Kappeler zählt zu den bekanntesten Ökonomen der Schweiz. Der vielfach ausgezeichnete Kolumnist und Autor war in seinen Anfängen Gewerkschaftssekretär, betraut mit Liberalisierungsfragen. Später war er als Wirtschaftskommentator tätig, unter anderem bei der «NZZ am Sonntag». Der in Herisau aufgewachsene libertäre Appenzeller, wie er sich nennt, ist ein grosser Anhänger von Bargeld. So ist er stolzer Besitzer eines Exemplars des ersten Geldstücks, einer Silbermünze aus der Herrschaft des unermesslich reichen Königs Krösus im 6. Jahrhundert vor Christus.

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Author: Caitlyn Schultz

Last Updated: 1703937841

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